Der schwere Sturz von Michelle Gisin (32) in St. Moritz hat mich – wie viele im Sport und Skizirkus – tief getroffen. Eine der komplettesten Athletinnen des Weltcups, hart arbeitend, fair, beliebt. Und dann dieser Moment, den keiner sehen will: hoher Speed, Kontrollverlust, Aufprall. Rettungshelikopter. Eine Verletzung an der Halswirbelsäule, dazu Schäden an Knie und Handgelenk. Die positive Nachricht: Die Nervenstränge sollen funktionieren.
Doch dieser Sturz wirft erneut ein grelles Licht auf die Sicherheitsdebatte in den Speed-Disziplinen.

Diese Olympia-Saison fühlt sich inzwischen fast verflucht an. Ein brutaler Start in den Winter, massive Stürze – und sogar ein Todesfall in Chile in der Vorbereitung. Und das in einer Phase, in der eigentlich Vorfreude auf Cortina entstehen sollte.
Michelle gehört zu den Athletinnen, die Airbags tragen. Ein System, das Unzähligen schon Schlimmeres erspart hat – und gleichzeitig zeigt: Selbst maximale Prävention kann nicht jeden Sturz neutralisieren.
Meine Gedanken sind bei ihr, bei ihrer Familie – einer Familie, die Freude und Leid des Skisports so gut kennt wie kaum eine andere. Neben Olympiagold, Weltcupmomenten und strahlenden Erfolgen steht auch die Geschichte ihres Bruders Marco: zwei schwere Schädel-Hirn-Traumata nach Stürzen in Kitzbühel und Gröden. Wer diese Achterbahnfahrt einmal erlebt hat, weiß, wie dünn der Grat zwischen Triumph und Tragödie im alpinen Rennsport ist.
Ich wünsche Michelle Gisin Kraft, gute Ärzte, eine erfolgreiche Operation und eine vollständige Genesung.
Der Sport braucht sie – aber zuerst braucht sie Zeit und Heilung.
Fotos: Gisin / picture alliance

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