Die Nachhaltigkeitsbemühungen im Motorsport gestalten sich derzeit extrem turbulent. Die Insolvenz von P1 Fuels, dem bisherigen exklusiven Kraftstofflieferanten der Rallye-Weltmeisterschaft (WRC), stellt die FIA vor Herausforderungen. Gleichzeitig muss auch die DTM vor Saisonstart umdisponieren. Doch was bedeutet das für den Motorsport und die Vision nachhaltiger Rennserien?
Safari-Rallye in Kenia: Keine Gefahr, aber offene Fragen
Die gute Nachricht zuerst: Die legendäre Safari-Rallye in Kenia (20. bis 23. März) wird wie geplant stattfinden. Obwohl P1 Fuels Insolvenz angemeldet hat, hat die FIA schnell gehandelt und die Zölle für die in Mombasa eingetroffene Kraftstofflieferung übernommen. Damit ist sichergestellt, dass die Teams den nachhaltigen Kraftstoff nutzen können.
Die in Berlin beheimatete P1 Performance Fuels GmbH war bisher der exklusive Kraftstofflieferant mit 100 Prozent fossilfreiem Benzin in der WRC. Die Zusammenarbeit begann 2022 und war zunächst auf drei Jahre bis Ende 2024 angesetzt. 2023 wurde der Vertrag für die laufende Saison 2025 verlängert. Am 10. Februar wurde P1 vom Amtsgericht Charlottenburg unter vorläufige Insolvenzverwaltung gestellt. Zum Verwalter wurde die Anwaltskanzlei Greenberg-Traurig (Berlin) bestellt.

Finanzielle Probleme von P1 führten dazu, dass die Treibstofflieferungen für die Safari-Rallye wegen nicht bezahlter Zollgebühren im Hafen von Mombasa (Kenia) zurückgehalten wurden. Daraufhin bezahlte die FIA die ausstehenden Gebühren, um den benötigten Treibstoff für den afrikanischen WRC-Lauf freizugeben. Ein FIA-Sprecher sagte: „Die FIA ist sich der Ankündigung bezüglich P1 Fuels bewusst und arbeitet mit allen relevanten Parteien zusammen, um die Situation zu überprüfen. Wir werden zu gegebener Zeit ein Update geben.“
Doch die Insolvenz wirft eine größere Frage auf: Wer wird ab 2025 die WRC mit E-Fuels versorgen? Bereits vor der Pleite hatte die FIA offenbar ein Ausschreibungsverfahren für einen neuen Lieferanten angestoßen. Die Entwicklungen rund um P1 Fuels könnten diesen Prozess nun beschleunigen.
DTM: Plan B mit britischem Anbieter Coryton
Auch die DTM hat mit den Turbulenzen rund um P1 Fuels zu kämpfen. Ursprünglich sollte das Unternehmen ab der Saison 2025 als exklusiver Lieferant für den neuen fossilfreien Rennkraftstoff fungieren. Doch kurz vor Saisonstart in Oschersleben (25. bis 27. April) musste der ADAC umplanen.
Die Kraftstofflieferungen für die DTM und ihre Begleitrennen, das GT Masters und die GT4-Kategorie, wurden bisher ebenfalls durch P1 Fuels getätigt, wo das Unternehmen seinen synthetischen Treibstoff anbot. Der ADAC, Organisator der DTM, hat seine Benzinversorgung nun auf das britische Unternehmen Coryton umgestellt. Der neue Kraftstoff entspricht den zuvor definierten Nachhaltigkeitsstandards und bleibt in seiner chemischen Zusammensetzung unverändert. Somit bleibt die DTM auf ihrem umweltfreundlichen Kurs – auch wenn der Lieferant wechselt.
E-Fuels im Motorsport: Zwischen Vision und Realität
Die Insolvenz von P1 Fuels zeigt, dass die Einführung synthetischer Kraftstoffe im Motorsport noch mit Hürden verbunden ist. Während viele Rennserien – von der WRC über die DTM bis zur Formel 1 – verstärkt auf nachhaltige Lösungen setzen, bleibt die wirtschaftliche Tragfähigkeit ein Problem.
Interessant ist, dass sich P1 Fuels in den vergangenen Jahren einen Namen gemacht hatte. Das Unternehmen war nicht nur in der WRC aktiv, sondern auch im Kartsport und stand im Austausch mit Formel-1-Teams. Besonders viel Aufmerksamkeit erhielt P1 durch die Zusammenarbeit mit Sebastian Vettel, der den synthetischen Kraftstoff für seine Demofahrten in historischen F1-Boliden nutzte.
Doch selbst mit guten Aufträgen konnte sich P1 nicht dauerhaft am Markt behaupten. Das zeigt, dass die Nachfrage nach nachhaltigen Kraftstoffen zwar wächst, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen aber weiterhin schwierig sind.
Aramco, die staatliche saudi-arabische Ölgesellschaft, wird damit in Verbindung gebracht, P1 Fuels ab dem neuen WM-Lauf, der Rally Islas Canarias (Spanien) vom 24. bis 27. April 2025, als Lieferant abzulösen.
Wie geht es weiter?
Die FIA und der ADAC haben gezeigt, dass sie schnell auf Herausforderungen reagieren können. Die Safari-Rallye findet statt, die DTM hat einen neuen Lieferanten. Doch die grundsätzliche Frage bleibt: Wie kann sichergestellt werden, dass nachhaltige Kraftstoffe eine langfristige Zukunft im Motorsport haben?
Der Motorsport steht an einem Scheideweg: Einerseits gibt es das klare Ziel, CO2-Emissionen zu reduzieren. Andererseits müssen die wirtschaftlichen Bedingungen stimmen, damit nachhaltige Kraftstofflösungen dauerhaft tragfähig sind.
Ein zusätzlicher Faktor kommt nun hinzu: Der ADAC erwägt, die DTM-Rennen 2025 um fünf Minuten zu verkürzen. Grund dafür ist der potenziell höhere Verbrauch des neuen, vollsynthetischen Kraftstoffs. Sollte sich in den Tests Anfang April in Oschersleben zeigen, dass die Verbrauchswerte steigen, könnte die Renndauer entsprechend angepasst werden, um sicherzustellen, dass kein Fahrzeug liegen bleibt.
Auch die geplante Wiedereinführung einer Safety-Car-Regel spielt eine Rolle. Ähnlich wie in der früheren Class-1-Ära könnte das Rennen bei einer Safety-Car-Phase um eine zusätzliche Runde verlängert werden. Dies soll gewährleisten, dass ein potenziell spannender Schlussabschnitt nicht durch eine Neutralisierung verloren geht. Um dies auszugleichen, müsste die Standard-Renndistanz möglicherweise angepasst werden.
Die Insolvenz von P1 Fuels ist ein Weckruf – aber vielleicht auch eine Chance. Eine Chance, um die Strategien für nachhaltige Kraftstoffe noch einmal zu überdenken und Lösungen zu finden, die sowohl ökologisch als auch wirtschaftlich funktionieren. Denn eines ist klar: Die Zukunft des Motorsports wird von nachhaltigen Innovationen abhängen.

Hinterlasse einen Kommentar