VOR FÜNF JAHREN: EIN VIRUS LEGT DIE BUNDESLIGA LAHM UND VERÄNDERT KOMMUNIKATION FÜR IMMER

Freitag, der 13. März 2020. Der Tag, an dem der deutsche Profifußball vor Corona kapitulierte. In den Tagen zuvor hatte ich als Kommunikationschef der TSG Hoffenheim, wie viele andere, telefoniert, informiert, koordiniert. Nachrichtensender liefen auf Dauerschleife, Gerüchte kochten auf höchster Flamme. Krisensitzungen im Akkord: mit Geschäftsführung, medizinischen Experten, im Austausch mit Klubs, Verbänden und Politik. Und dann – die Entscheidung der DFL, nur vier Stunden vor dem Anpfiff: Der 26. Spieltag der Bundesliga wurde abgesagt, der Spielbetrieb ruhte.

Viele hatten mich zuvor auch intern für „verrückt“ erklärt, weil ich das Festhalten an den Partien kritisierte, obwohl die Ansteckungszahlen explodierten. Doch es war eine Frage der Vernunft. Klar: Die Debatten über einen Saisonabbruch waren sportlich und finanziell hochbrisant. Niemand hatte eine Blaupause. Und das galt auch für die Kommunikation – extern wie intern.

Was damals im Chaos entstehen musste, veränderte die Sportkommunikation grundlegend. Journalisten waren gewohnt, nah dran zu sein – plötzlich waren Zugänge beschränkt, Pressekonferenzen fanden via Zoom statt, Interviews wurden remote geführt, Material digital bereitgestellt. Viele Journalisten kritisierten damals scharf: „Jetzt machen die PR-Abteilungen vollends Closed-Job.“

Fünf Jahre später ist vieles davon Standard. Der digitale Workflow hat sich etabliert, Pressetermine sind effizienter geworden, die Informationsversorgung strukturierter. Nicht alles ist schlecht – vieles ist für Journalisten sogar einfacher geworden.

Ich erinnere mich an die Zeit im Shutdown. Mein Team und ich arbeiteten bis tief in die Nacht an Pressemitteilungen, FAQs für Fans, Statements für Sponsoren, Video-Content für Social Media. Die TSG stellte in wenigen Tagen die komplette Medieninfrastruktur um. Anstelle klassischer Pressekonferenzen etablierten wir Streaming-Formate, Interviews liefen fast ausschließlich remote. Audio-Sequenzen per WhatsApp ersetzten die Mixed-Zone-Gespräche, für TV-Sender stellten wir Download-Pakete mit Spielszenen, Stimmen und Hintergrundmaterial bereit. Dabei musste ich selbstverständlich auch die Sicherheit der eigenen Kollegen durch flexible Arbeitsmodelle und neue Workflows im Auge haben.

Binnen Wochen bereiteten wir rund 200 Gigabyte an Content auf und stellten sie Medien zur Verfügung – national und international. Unser Anspruch: Die Berichterstattung muss weitergehen – nur eben digitaler.

Rückblickend war es die intensivste Zeit meiner Karriere. Die Sportkommunikation hat sich nachhaltig gewandelt.

Der Fußball hat diese Krise überstanden. Wir haben Corona überwunden. Die Kommunikation hat sich weiterentwickelt.

😷 Erinnert sich noch wer?

Fotos: Wiederanpfiff mit DFL-Hygienekonzept (Mai 2020) – mit Maske, ohne Fans


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